Kastration von Katzen

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Je früher, desto besser: Kastration von Katzen

Das Gerücht, eine Katze könne erst kastriert werden, nachdem sie einmal geworfen habe, hält sich leider hartnäckig. Diese Behauptung entbehrt jedoch jeglicher Grundlage. Um konsequent Nachwuchs zu verhindern, sollten die Tiere bereits vor Beginn der Geschlechtsreife kastriert werden.

Katzen sind sehr fruchtbar. Rein rechnerisch können aus einem einzigen Katzenpaar und seinen Nachkommen in zehn Jahren 80 Millionen Katzen werden! Aber wohin mit dem Nachwuchs? Auf diese Frage gibt es keine zufrieden stellende Antwort.

Verwilderte Hauskatzen drängen sich längst auch in Deutschland am Rande der Städte, auf verlassenen Fabrikgeländen und anderen unwirtlichen Plätzen – dort endet so mancher „süße, kleine“ Welpe, weil die Besitzer der Mutterkatze sich letztlich doch nicht darum kümmern, was aus jedem Katzenkind später wird. Es gibt aber leider keinen brauchbaren natürlichen Lebensraum für die Nachfahren der Tiere, die sich der Mensch über Generationen zu Haustieren herangezogen und erzogen hat.

Die vielen verwilderten Katzen finden weder ausreichend Nahrung noch gibt es echte natürliche Feinde. Wäre der Lebensraum intakt, dann gäbe es, wie immer bei einem natürlichen Gleichgewicht, andere wild lebende Tiere, die die Katzen als Nahrung erbeuten würden. Damit würde die Zahl auf natürliche Weise begrenzt. Solche natürlichen Feinde fehlen aber.
Stattdessen begegnen die verwilderten Hauskatzen unkalkulierbaren Gefahren in einer vom Menschen bestimmten Welt: Das sind Autos, die sie überfahren, Jäger, die auf sie schießen, und sogar sadistische Menschen, die versuchen Katzen einzufangen und zu quälen - oder zu vergiften.

Hinzu kommt: Infektionskrankheiten breiten sich massenhaft aus. Viele Katzen leiden an Leukose oder „Katzenaids“. Gerade bei der Paarung selbst (der Kater beißt der Katze in den Nacken) und bei den vorangehenden blutigen Katerkämpfen um die Weibchen werden häufig Krankheiten weitergegeben.

Tierschützer kastrieren verwilderte Katzen und Kater

Tierschützer versuchen in Zusammenarbeit mit Tierärzten auch in Deutschland schon seit vielen Jahren, die verwilderten Katzen einzufangen und zu kastrieren. Die Tiere werden mit Futter in längliche Käfige („Lebendfallen“) gelockt, in die Tierarztpraxis gebracht und dort unter Narkose nicht nur kastriert, sondern meist noch schnell entfloht und anderweitig verarztet. Dann werden sie wieder frei gelassen.



Zur Klärung, da die Begriffe „Kastration“ und „Sterilisation“ oft missverständlich gebraucht werden:
Die Kastration ist die operative Entfernung der Keimdrüsen. Beim Kater werden also die Hoden entfernt, bei der Katze die Eierstöcke und oft auch ein Teil der Gebärmutter (wenn medizinisch notwendig, auch die gesamte Gebärmutter) aus dem Bauchraum herausoperiert.

Damit sind die Tiere nicht nur unfruchtbar (das allein würde schon mit einer Sterilisation, also der Durchtrennung der Samenstränge beziehungsweise Eileiter erreicht), sondern kastrierte Tiere haben auch keinen Fortpflanzungstrieb mehr. Das ansonsten durch die Geschlechtshormone gesteuerte typische Verhalten fällt weg: keine Paarung, kein Katerbiss in den Nacken der Katze, keine Prügeleien der Kater um Katzen.

Damit werden nicht nur weiterer Nachwuchs und die weitere Ausbreitung von Infektionskrankheiten verhindert, sondern es wird den verwilderten Tieren dann auch möglich, aggressionsfreier in ihrem begrenzten Lebensraum zusammenzuleben.

 

Kastrieren, bevor es zu spät ist

Katzen werden früher geschlechtsreif, als man denkt. Weibliche Katzen werden normalerweise mit etwa fünf oder sechs Monaten geschlechtsreif. Aber, so erklärt die Tierärztin Dr. Ulrike Morys, es kann auch schon mit drei oder vier Monaten so weit sein:
„Bei winter- oder spätherbstgeborenen Katzen haben wir das Phänomen, dass die schon mit drei oder vier Monaten geschlechtsreif sein können. Das hängt mit der zunehmenden Tageslichtlänge zusammen. Die hat einen extremen Einfluss auf den Sexualzyklus, das kennen wir ja auch: Im Frühling gehen die Hormone immer so ein bisschen durch, und das ist bei Katzen auch so.“
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Generell gilt: Kater werden etwas später geschlechtsreif als die weiblichen Katzen. Viele Menschen, die sich vielleicht nicht so gut auskennen, rechnen allerdings überhaupt nicht damit, dass „die Kleinen“ schon sehr bald selbst Eltern werden können. Hartnäckig hält sich die falsche Vorstellung, Katzen könnten erst später Nachwuchs bekommen, so zum Beispiel, wenn sie ausgewachsen seien (das heißt mit 12 bis 14 Monaten) oder mit einem Dreivierteljahr.

Aber das alles trifft eben nicht zu, und die Idee, bis zur ersten Rolligkeit „abzuwarten“, ist keine gute Idee. Denn oft werden die ersten Anzeichen der Rolligkeit nicht erkannt, und das endet bei vielen Freigängerkatzen damit, dass sie unversehens trächtig nach Hause kommen. Die Kastration mit einem Sicherheitsabstand zur Geschlechtsreife - also je nach den praktischen Umständen (bei verwilderten Katzen z.B., wenn es gelingt, sie einzufangen) schon mit frühestens sechs, spätestens aber zwölf Wochen - ist die effektivste Methode, ungewollten Nachwuchs tatsächlich zu verhindern.
Vor- und Nachteile der frühen Operation

Mit drei, vier Monaten (Kater etwas später) wären die Tiere zwar schon fähig, Nachwuchs zu zeugen, aber sie sind noch längst nicht ausgewachsen. Deshalb sind auch die Geschlechtsorgane noch recht klein. Und dieser Umstand macht die Frühkastration im Vergleich zu der beim erwachsenen Tier vielleicht etwas filigraner, schwieriger. Auch besteht offenbar teilweise Unsicherheit, was die Dosierung des Narkosemittels angeht.

Für Tierärzte mit Operationserfahrung ist das aber kein Problem. Im Gegenteil, meint die Tierärztin Dr. Ulrike Morys. Sie findet die Operation weit unkomplizierter als die eines ausgewachsenen Tieres:
„Die Frühkastration bietet folgende Vorteile: Wir brauchen geringe Narkosemengen, die Tiere vertragen es sehr gut. Wir haben einen sehr kleinen Schnitt. Wir haben es noch nicht mit viel Fettgewebe zu tun, denn die Tiere sind noch nicht verfettet. Dadurch ist die Blutungsmenge sehr viel geringer. Es treten nur sehr selten Komplikationen auf, und die Tiere sind sehr schnell nach dem Eingriff wieder wach, dass sie im Geschwister- oder Familienverband wieder freigelassen werden können.“

 
Welche Folgen hat die Frühkastration auf Entwicklung und Wachstum?
Dazu finden sich, je nach Quelle, widersprüchliche Vermutungen und Angaben. Häufig wird auf US-amerikanische Untersuchungen verwiesen. In Deutschland existieren bislang noch keine systematischen wissenschaftlichen Langzeitbeobachtungen, sagt Prof. Dr. Ingo Nolte, Direktor der Klinik für kleine Haustiere der Tierärztlichen Hochschule in Hannover, aber es gibt inzwischen doch schon einige Erfahrungswerte.
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Eines ist sicher: Früh kastrierte Katzen und Kater werden etwas größer, aber der Unterschied ist kaum sichtbar, es sind nur wenige Millimeter. Der Grund liegt im Fehlen der normalerweise wirkenden Geschlechtshormone, so erklärt Prof. Dr. Ingo Nolte:
„Katzen, die frühzeitig kastriert werden - sprich: vor der ersten Rolligkeit - werden größer. Das heißt, mit der Geschlechtsreife wird das Wachstum durch Hormone beeinflusst, indem es dann eben beendet wird. Wenn die Rolligkeit nicht eintritt, dann schreitet das Wachstum auch länger fort.“
Hat die Frühkastration Auswirkungen auf die Gesundheit?

Anders als bei einer Hündin hat die Frühkastration bei weiblichen Katzen nicht die positive Wirkung, die Entstehung von Gesäugetumoren zu verhindern, stellt Prof. Dr. Ingo Nolte fest:
„Bei der weiblichen Katze ist dieser Zusammenhang nicht sicher nachgewiesen. Grundsätzlich unterscheiden sich die Entwicklung von Gesäugetumoren von Hund und Katze ganz erheblich, so dass also die Frage ist, ob da wirklich ein echter Zusammenhang besteht.“

Bislang keine Bestätigung sieht Prof. Dr. Ingo Nolte aber auch für die Befürchtung, die Harnröhre beim Kater würde nicht richtig auswachsen und dann später eventuell „verstopfen“.

Eine Gefahr für den Katerpenis besteht allerdings theoretisch: Zwischen dem vierten und fünften Monat löst sich die Vorhaut ab, und wenn die Kastration genau während dieser Ablösung stattfindet, können sich kleine „Taschen“ bilden, in denen sich später dann Schmutz ansammelt. Das kann zu Entzündungen führen, tritt aber selten auf und lässt sich leicht vermeiden: Der Tierarzt muss eben den richtigen Zeitpunkt wählen.


Macht jede Kastration dick?

Tendenziell ja! Alle kastrierten Katzen und Kater drohen dick zu werden. Das liegt nicht etwa am fehlenden Jagdtrieb, denn der bleibt – ob frühere oder spätere Kastration – voll erhalten.

Es liegt daran, dass der Geschlechtstrieb fehlt, der Katze und vor allem Kater normalerweise auf Trab hält. Fällt der weg, haben die Tiere eine starke Antriebsquelle weniger – sie werden ruhiger und bequemer. Sie verbrauchen also weniger Energie. Das heißt für die Katzenbesitzer: Auf das Gewicht der Tiere achten, regelmäßig wiegen und gegebenenfalls das Futter rationieren.

 
Wie beeinflusst die Frühkastration das Verhalten?

Normalerweise würde der mit der Geschlechtsreife einsetzende Sexualtrieb nicht nur den Körper, sondern die gesamte Persönlichkeit und das Verhalten beeinflussen: eine Veränderung vom verspielten Tierkind zum paarungswilligen Fast-Erwachsenen, beim Kater übrigens weit auffälliger als bei der Katze.

Durch die Frühkastration wird diese Veränderung verhindert, erklärt die Diplom-Biologin Dr. Willa Bohnet vom Institut für Tierschutz und Verhalten der Tierärztlichen Hochschule Hannover:
„Wenn eine Katze oder ein Kater vor der Pubertät kastriert wird, wird man als Besitzer überhaupt keine Verhaltensänderung merken. Das heißt, die Tiere bleiben so verschmust, wie sie es vorher waren; sie bleiben so verspielt. Sie werden sich nicht weiter als bisher vom Haus entfernen, sie werden weiterhin guten Kontakt zu Artgenossen haben, sofern sie das vorher auch hatten, gelernt haben.“ Die Frühkastration macht Katzen und Kater also ein Leben lang zu verträglicheren, „angenehmeren“ Haustieren. Das gilt vor allem für Kater. Bei weiblichen Katzen ist der Verhaltensunterschied – abgesehen von den (ohne Kastration eintretenden) abgegrenzten Phasen der Rolligkeit, Trächtigkeit und Welpenaufzucht – weniger stark.
Aber unkastrierte Kater sind immer paarungsbereit, und deshalb fällt der Verhaltensunterschied zwischen kastrierten und unkastrierten Katern auch immer stark auf

Frühkastration bei reiner Wohnungshaltung?

Wenn es nicht darum geht, eine überraschend frühe Trächtigkeit zu verhindern -wenn man also zum Beispiel mit zwei Katzendamen in einer Wohnung lebt und die beiden nicht nach draußen kommen - kann man sich mit der Entscheidung für eine Kastration mehr Zeit lassen. Dennoch ist die Kastration auch von Wohnungskatern grundsätzlich sinnvoll, denn der einsetzende Geschlechtstrieb ist der Hauptgrund dafür, das die männlichen Tiere ihr Revier systematisch mit Urin markieren.



Daher rät die Biologin Dr. Willa Bohnet:
„Kater würde auf jeden Fall kastrieren, weil man dann nämlich die Geruchsbelästigung nicht hat. Bei einer Katze kann man das von dem Individuum abhängig machen.“

Die Kastration wird notwendig, wenn eine frustrierte Wohnungskatze immer wieder rollig wird. Diese Dauerrolligkeit ist eine hormonelle „Vergiftung“. Die Katze ist unübersehbar leidend und unüberhörbar klagend. Das muss nicht passieren, aber es kann durchaus so sein. Die Katze dann nicht kastrieren zu lassen, wäre Tierquälerei.

Wie „unnatürlich“ sind Kastration und Frühkastration?
Fast jeder empfindet ein etwas befremdliches Gefühl bei der Vorstellung, dass so junge, noch längst nicht ausgewachsene Tiere kastriert werden sollen. Schließlich nimmt der Mensch einem Tier damit eine ganz wichtige Antriebskraft. Besonders der so frühe Eingriff, aber auch die Kastration generell werden oft als „unnatürlich“ dargestellt.

Das sind sie zweifelsfrei auch, aber vielleicht doch weitaus „tiergerechter“ und verantwortlicher, als es im ersten Moment scheinen mag – wenn man sich einmal überlegt, welchen Lebensraum wir Menschen den Tieren zugewiesen haben. Wir haben nun einmal ehemals wild lebende Tiere über viele Generationen zu „Haustieren“ gemacht, also bewusst zu möglichst angenehmen, unkomplizierten Gesellschaftern des Menschen.

Inwieweit die Haltungsbedingungen, die wir bieten, den nach wie vor genetisch festgelegten Bedürfnissen der Haustiere entsprechen, wird aber viel zu wenig hinterfragt. Oft ist es fehlendes Wissen, oft eine (als selbstverständlich angenommene) Geringschätzung der Tiere und ihrer Bedürfnisse. Wie stark die Sexualität der Motor des Tier- und auch des Haustierlebens ist, wird unterschätzt.

Aber: Wenn sie nicht ausgelebt werden kann (mangels Partnern und weil Nachwuchs unerwünscht ist), ist das nicht etwa „natürlich“, sondern Tierquälerei, und daher argumentieren viele Tierschützer auch ganz konsequent wie die Tierärztin Dr. med. vet Ulrike Morys für die Frühkastration:
„Warum soll ich einem Tier Sexualität quasi zumuten, wenn ich von vornherein weiß, dass es die Sexualität nie ausleben darf? Dann kann ich es ihr auch vorher nehmen, weil die Katze gar nicht wissen wird, was sie vermisst.“

Wer dieser konsequenten Überlegung folgt, kann nur zu einem Schluss kommen: Problematisch ist eigentlich weniger der konkrete Schritt der Frühkastration als vielmehr das gesamte Konzept der Haltung von Haustieren unter wenig natürlichen Bedingungen.
Fazit

Zur Verhinderung weiterer unerwünschter Vermehrung, der „Überpopulation“, plädieren Tierschützer konsequent für die Frühkastration verwilderter Katzen. Das gilt auch für Freigängerkatzen (es sei denn, jemand ist in der glücklichen Lage, in einer sehr katzenarmen Gegend zu wohnen, und hat schon sichere Interessenten für jeden zu erwartenden Welpen). Bei reiner (geschlechtlich getrennter) Wohnungshaltung kann man eher im Einzelfall entscheiden; das gilt vor allem bei den weiblichen Katzen.
Autorin: Barbara Willms
Quelle: WDR, "Tiere suchen ein Zuhause" (25.05.2003)
 

Hier ein sehr informativer Link zur Kastrastion bei Katzen:

Kastration

 



       
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